Filmdreh zum Zugunglück in Trebbin im Jahr 1962

Filmdreh zum Zugunglück in Trebbin im Jahr 1962

Das Beelitzer Ärztehaus an einem Abend Ende Februar: Fast die gesamte Belegschaft hat schon Feierabend gemacht, als plötzlich zwei Autos vor dem Eingang halten. Aus dem Trabant P 50 und dem BMW V8 werden von Helfern zwei schwer verwundete Soldaten der Roten Armee getragen und hineingeschafft. Die Männer stöhnen und ächzen unter ihren notdürftigen Verbänden, sie sind erschöpft, zittern, bluten. Zwei Krankenschwestern eilen herbei und nehmen sich ihrer an, während die Feuerwehr mit einem Kastenwagen weitere Opfer bringt.

 

Für das RBB-Fernsehen sind in Beelitz die Folgen des großen Eisenbahnunglücks von 1962 nachgestellt worden. Damals, am Abend des 2. März, war bei Trebbin ein Zug der Roten Armee entgleist, nachdem sich an einem der darauf befindlichen Panzer ein Kanonenrohr gelöst hatte. Dieses war herumgeschwenkt und von einem entgegen kommendem Personenzug mitgerissen worden. In der Folge wurden die mit Soldaten besetzten Waggons von den Gleisen gerissen und aufeinander geschoben. Der Unfall ist in der DDR totgeschwiegen worden: Die Dienstbücher der Feuerwehren sind im Nachhinein frisiert worden, Zeugen wurden zum Schweigen vergattert. Nur von zwei zivilen Opfern wurde berichtet – und das auch nur sehr dürftig.

„Wir haben Zeitzeugen befragt, die von 60 bis 80 Todesopfern sprechen“, sagt der Fernsehjournalist Bernd Herrmann. „Wenn diese Zahlen stimmen, war es das größte Zugunglück der DDR-Geschichte.“ Bei der Einheit handelte es sich um eine Panzertruppe, die in Krampnitz stationiert war und sich auf dem Rückweg von einer Übung auf dem Truppenübungsplatz Altes Lager befand. Für das Heimatmagazin „Theodor“ hat Herrmann den Fall neu aufgerollt und mit ehemaligen Schwesternschülerinnen gesprochen, welche die Unfallopfer damals im Krankenhaus in Luckenwalde versorgt hatten. Auch einen alten Eisenbahner, der damals am Unfallort war, konnte er befragen. Und er konnte sich auf die Forschungen des Jüterboger Ortschronisten Henrik Schulze stützen, der die Garnisongeschichte seiner Stadt umfangreich aufgearbeitet hat.

„Mit den Soldaten ist man nicht gerade glimpflich umgegangen“, schildert der Journalist die Erkenntnisse. „Nachdem die Verletzten notdürftig operiert worden waren, wurden sie sofort von ihren Vorgesetzten abgeholt und in Autos verfrachtet.“ Wohin die Männer gebracht wurden, ist nach wie vor unklar. Vielleicht zurück nach Krampnitz, vielleicht auch zur Versorgung ins Lazarett nach Beelitz Heilstätten. Womöglich aber auch gleich zurück in die Sowjetunion.

Von Einigen der Getöteten indes gibt es Spuren: Als die Beelitzer Steinmetz GmbH vor einigen Jahren Grabsteine auf dem Friedhof in der Michendorfer Chaussee in Potsdam restaurierte, stießen die Handwerker auf 15 Soldatengräber mit dem selben Todesdatum – dem 2. März 1962. „Das und die Zeitzeugenberichte gaben den Anstoß, einen Beitrag darüber zu drehen“, erläutert Bernd Herrmann.

Um diesen zu bebildern, dreht er die Spielszenen in Beelitz, auch weil er die hiesige Feuerwehr gut kennt. In den alten Uniformen und Schwesterntrachten stecken Mitglieder der Ortswehren von Zauchwitz und Beelitz – und manche der Leute gehen in ihren Rollen richtig auf. „Das hat ja schon fast Hollywood-Format“, bemerkt der Kameramann, als einer der Verletzten auf der Trage laut aufstöhnt. Vor dem Dreh im Ärztehaus war das Filmteam mit den Schauspielern bereits am Bahnhof Elsholz und hat hier die Erstversorgung der Verletzten aufgenommen. „Einen Zug konnten wir natürlich nicht entgleisen lassen, aber die Bilder sehen auch so schon sehr real aus“, urteilt Regisseur Herrmann

Und tatsächlich bekommen die letzten Patienten, die am Abend noch aus dem Ärztehaus kommen, einen kleinen Schreck. „Keine Angst, die Russen sind nicht wieder da“, ulken die Feuerwehrleute und klopfen sich auf ihre blutigen Uniformen. Ein bisschen stolz sind sie aber schon, dass man ihnen die Rolle abnimmt.

Sendetermin: Sonntag, 9. März, 18.30 Uhr im Heimatmagazin „Theodor“.